Soll ich mich als Kleinunternehmer selbständig machen?

Von | 27. November 2019
Kleinunternehmerin auf dem Bett
Bild: stokpic / pixabay.de

Ich wurde schon öfters gebeten etwas über die Kleinunternehmerregelung zu bloggen. Da ich eigentlich gerne über Dinge blogge, mit denen ich in meiner Selbständigkeit selber Erfahrungen gesammelt habe, kann ich hier nur meine persönliche Meinung mit wenig eigener Erfahrung wiedergeben.

Ich hoffe, der Blogbeitrag hilft dir trotzdem, wenn du vor der Entscheidung stehst, ob du Kleinunternehmer werden sollst oder nicht.

Kleinunternehmer – Du hast die Wahl!

Es gibt ein großes Missverständnis bei der Kleinunternehmerregelung. Gründer denken oft, dass sie automatisch ein Kleinunternehmer sind, wenn sie wenig Umsatz machen.

Das stimmt nicht! Die Kleinunternehmerregelung regelt nur, ob du Umsatzsteuer abführen musst oder nicht! Da die Bedingungen umsatzgebunden sind und diese Umsatzgrenze nicht sehr hoch ist, hat sich dieses Missverständnis vermutlich eingebürgert.

Kleinunternehmerregelung Voraussetzungen

Ab 2020 gelten leicht andere Grenzen als bisher. Dann darfst du im Vorjahr nicht mehr als 22.000 Euro Umsatz (wichtig: Umsatz und nicht nur Gewinn!) gemacht haben. Im laufenden Jahr darfst du anschließend nicht mehr als 50.000 Euro Umsatz machen.

Sobald du aber über 22.000 Euro Umsatz machst, verlierst du den Kleinunternehmer-Status automatisch im Folgejahr. Wenn du im laufenden Jahr die 50.000 Euro knackst, solltest du ein formloses Schreiben an das Finanzamt absenden und deine Umsatzsteuernummer beantragen. Ab dann bist du umsatzsteuerpflichtig.

Nach der Gewerbeanmeldung schickt dir das Finanzamt ein Formular zu, in dem sie deinen geschätzten Umsatz abfragen. Wenn du dort über 50.000 Euro angibst, hast du sowieso keine Chance. Ansonsten gehen sie davon aus, dass du Kleinunternehmer bleibst. Beziehungsweise bin ich mir nicht ganz sicher, ob man das nicht sogar ankreuzen kann.

Auf jeden Fall kannst du jederzeit deinen Status vom Kleinunternehmer zum Umsatzsteuer abführenden Unternehmen ändern (formloses Schreiben an das Finanzamt genügt). Zurückwechseln geht allerdings erst wieder nach fünf Jahren.

Vorteile

Der größte Vorteil ist freilich, dass du keine Umsatzsteuer abführen musst. Das bedeutet für dich weniger Bürokratie, weil du zum Start keine monatliche Umsatzsteuervoranmeldung abgeben musst, sondern nur eine jährlich.

Vor allem im Privatkundengeschäft ist es von Vorteil, dass du theoretisch günstigere Preise als die Konkurrenz, die Umsatzsteuer abführt, anbieten kannst. Darauf möchte ich aber später genauer eingehen.

Nachteile

Im B2B Bereich interessiert die Umsatzsteuer nicht, da sie ein durchlaufender Posten ist. Wenn du keine Umsatzsteuer abführst, vermittelt das bei einem anderen Unternehmer, dass du sehr klein bist und deshalb vielleicht die Zusammenarbeit nicht sehr zukunftsfähig ist. Es ist auf jeden Fall ein kleiner Image-Schaden.

Zusätzlich musst du deine Rechnungen richtig ausstellen, sonst könnte dir das Finanzamt aufs Dach steigen.

Dann kannst du auch keine Umsatzsteuer zurückholen. Zum Beispiel für die Ladenmiete, wenn der Vermieter auch umsatzsteuerpflichtig ist. Das wäre dann eh ein Knackpunkt in deiner Kalkulation. Ein einfacheres Beispiel wären Arbeitsutensilien wie ein Laptop oder ein Whiteboard. Dort fehlen dir als Kleinunternehmer dann die 19 % “Rabatt”.



Last but not least ist es schwierig dein Geschäft zu skalieren, weil du immer diese Umsatzgrenze im Kopf hast. Wenn du ein halbwegs seriöses Business aufziehst, sind 22.000 Euro Umsatz absolut schnell erreicht. Du musst deinem Kunden nur etwas Teures mit verkaufen, an dem du nur wenig verdienst, es aber für den Auftrag benötigst und zack, bist du über dieser Grenze…

Kleinunternehmerregelung = Wettbewerbsvorteil?

Der Klassiker der Kleinunternehmer sind private Dienstleistungen, die keinen hohen Anfangsinvestitionsbedarf benötigen. Es ist zum Beispiel bei kleinen Friseursalons beliebt, durch die Kleinunternehmerregelung einen Wettbewerbsvorteil zu haben und dann den Haarschnitt als Selbständiger billiger anbieten zu können als die Filial-Konkurrenz.

Aber auch im Marketing und Webseiten erstellen “Business” ist das natürlich ein großer Wettbewerbsvorteil, wenn man 19 % günstiger anbieten kann als die Konkurrenz. Da dort fast kein Materialeinsatz von Nöten ist.

Was aber viele vergessen ist, dass sie als Kleinunternehmer eigentlich auch die Mehrwertsteuer, die sie sich nicht zurückholen können, in ihren Stundenlohn einpreisen müssen. Das ist kalkulatorisch freilich schwer machbar, außer man kann sehr gut schätzen.

Ich weiß es ist schwierig, aber aus eigener Erfahrung rate ich dir ab, dein Business über den Preis aufzuziehen (es gibt ganz wenige Ausnahmefälle). Billige Preise ziehen billige Kunden an. Die sind nicht nur in der Regel lästiger als Qualitätskunden, sie werden dir auch den Rücken zukehren, wenn du die Kleinunternehmerregelung verlierst und plötzlich ~19 % teurer wirst.

Kleinunternehmer – Fazit

Wie man vielleicht herausließt bin ich kein großer Fan der Kleinunternehmerregelung.

Sie macht aus meiner Sicht nur in zwei Situationen Sinn: Wenn man sich nebenberuflich selbständig macht, weil man mit seinem Hobby bisschen dazuverdienen will und es über die Liebhaberei hinausgeht.

Oder man hat im ersten Jahr keine Lust auf die Umsatzsteuervoranmeldung und verschiebt es dann aufs nächste Jahr, um sich zu ärgern, alle Prozesse umstellen zu müssen.


Robert von Plötzlich-Selbständig.de Schwarz/Weiß Bild

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2 Gedanken zu „Soll ich mich als Kleinunternehmer selbständig machen?

  1. margarete

    hallo robert,
    vielen dank für den artikel! hat mir gut gefallen. ich habe gemerkt, dass ich mehr auf dem volkswirtschaftlichen auge sehe als auf dem unternehmerischen. steuern, die im prinzip nur kleinunternehmer zahlen finde ich per se schon ärgerlich. aber das ist wirklich ein anderes thema. als unternehmerin muss ich natürlich auch mal den tellerrand eingrenzen und nicht gleich politisch denken. auch dafür hat mir dein artikel die augen geöffnet.

    Antworten
    1. Robert Beitragsautor

      Hallo Margarete,

      danke für dein Feedback!

      Ich bin ja selbst auch ein sehr politischer, gar idealistischer Mensch. Aber manche Sachen muss man halt leider nüchtern und isoliert betrachten, wenn man weiterkommen möchte. Was nicht heißt, dass man sich nicht dafür einsetzen kann und sollte, dass es sich ändert 🙂

      Antworten

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