Wer Innovationen möchte, muss die Kleinen und nicht die Großen entlasten!

Von | 10. September 2019
Ein Business-Mann hät ein Schild mit der Aufschrift Innovation und innovative Zeichnungen hoch
Innovationen gelingt besser in innovativen Strukturen!
Bild: armoluk

Große Konzerne haben den politischen Hebel schlechthin: Arbeitsplätze. Sobald ein Großkonzern wie VW, Siemens oder RWE ankündigt ein paar Stellen zu streichen finden sich Spitzenpolitiker in Krisengipfeln ein und bringen Gesetzte auf den Weg, welche diesen Konzernen helfen sollen, die Arbeitsplätze zu erhalten. Egal ob das gesellschaftlich sinnvoll ist oder nicht. Unternehmen, die gerade an Innovationen basteln, haben da oft das Nachsehen.

Auf der Gegenseite erhält der Handwerker nur einen gefährlichen Brief, wenn er die Vorsteuer nicht abführt, weil er in einem knappen Monat damit lieber seine Angestellten bezahlt hat.

Innovative Branchen werden geopfert

Nicht selten werden ganze Branchen für Platzhirsche geopfert. So hat das Wirtschaftsministerium kräftig mitgeholfen, die Solarbranche und mit ihr 80.000 Arbeitsplätze für 20.000 Kohlekumpels zu opfern. Ähnliches geschieht gerade in der Windkraftbranche.

Medial verkauft uns die Regierung, dass sie Innovationen fördern möchte, die wirklichen Regierungshandlungen sind aber darauf ausgelegt, schon getätigte Investitionen großer Konzerne zu schützen, auf Kosten der Zukunftsfähigkeit innovativer Geschäftsmodelle.

Ich habe die Solar- und Windkraftbranche als Beispiel genommen, weil sie sinnbildlich für die verpassten Chancen der Vergangenheit stehen. Die Erneuerbaren Energien werden alle fossilen Energien, Klimawandel hin, Klimawandel her, aus dem Markt drängen. Einfach, weil sie wirtschaftlicher sind und werden.

Bei der Braunkohle ist fast schon sämtliches Potenzial ausgeschöpft, Steinkohle ist schon längst nicht mehr wirtschaftlich. Einen Atommeiler kann anscheinend auch keiner mehr wirtschaftlich betreiben, außer man interessiert sich wie Russland nicht für deren Sicherheit. Dagegen sind in den erneuerbaren Energien und vor allem bei den Speichertechnologien noch große Technologiesprünge zu erwarten.

Deutschland war in beiden Technologien, dank des Erneuerbaren Energiegesetzes, federführend. Wir haben also als Gesellschaft enorme Kosten gestemmt, um die Effizienz dieser Anlagen zu steigen, damit die Erzeugerkosten von Erneuerbaren konkurrenzfähig sind mit Kohle- & Atomstrom, um das Geschäft an China und den USA zu verschenken, als wir das Ziel der Wirtschaftlichkeit erreicht haben.

Alles nur, weil RWE und Co. ihre schon abgeschriebenen Kohlekraftwerke gerne weiter betreiben wollen und damit Innovation blocken. Welche Unternehmen waren dann die Leittragenden? Richtig, der Mittelstand. Der ja angeblich so wertvoll ist in Deutschland.

Zu wenig Innovationspotential?

Es kommt nicht von ungefähr, dass Europa, allen voran Deutschland sämtliche Megatrends verschlafen hat: Elektromobilität, Mobilität as a Service, künstliche Intelligenz und die Plattformökonomie sind nur ein paar, die mir auf die Schnelle einfallen.

Ein Ortsschild auf dem "Next BIG THING" steht
Bild: geralt

Und ja, ich bin mir bewusst, dass Deutschland eher ein Land der Hidden-Champions ist und wir auch andere Begebenheiten vorfinden als in der USA oder in China. Trotzdem geben die größten Konzerne oftmals die Wirtschaftsrichtung des Landes vor und sind ein guter Indikator für den eingeschlagenen Weg des jeweiligen Landes.

In den 100 umsatzstärksten Unternehmen der Welt finden sich acht deutsche Konzerne wider. Davon fünf Industrieunternehmen, ein Energiekonzern und die Deutsche Telekom als einziger Digitalkonzern. Hand aufs Herz: Assoziierst du die Telekom mit Innovation? Richtig …

Gründerflaute

Trotzdem laufen “die alten Geschäfte” noch so gut, dass es sich für junge, gut ausgebildete Menschen oftmals nicht lohnt in die Selbständigkeit zu wechseln. Die Gefahr, dass wir uns zu Tode verwalten scheint groß. Trotz StartUp-Hypes haben noch nie so wenige Menschen gegründet wie letztes Jahr.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Viele scheuen das Risiko zu scheitern oder wollen einfach sofort gut verdienen. Diejenigen, die sich selbständig machen scheitern oft auch an bürokratischen Hürden oder an den zu hohen Kosten. Viele unterschätzen, dass die Kosten hoch sind, selbst wenn man noch keine Einnahmen hat.

Ein Ärgernis in der Anfangsphase ist der enorme Aufwand, die die Vorsteuer macht, wenn man umsatzsteuerpflichtig ist. Noch ärgerlicher sind die relativ hohen Gründungskosten für Personengesellschaften und deren Pflichten. Vor allem am Ende des Jahres ist die Überraschung groß, wenn der Jahresabschluss gerne einmal vierstellig kostet, selbst wenn man keinen Cent Gewinn gemacht hat.

Hat man als Gründer dann endlich einmal die Gewinnschwelle erreicht, sind relativ schnell Steuern fällig. Da der Freibetrag nicht zum Leben reicht, hat man im kleinen Gewinnbereich ein existenzielles Problem.

Wenn man also nicht für seine Idee zu 1.000 % brennt und sich aus Idealismus selbständig macht, wer soll dann das Risiko eingehen, eine innovative Geschäftsidee nach vorne zu pushen, wenn man in einem Unternehmen gemütlich sein Gehalt erhalten könnte?

Das wäre nicht weiter schlimm, wenn der dafür besetzte Arbeitsplatz Innovationen voranbringen würde. Das tut er meistens jedoch nicht. So wird der Gründergeist des Individuums einfach nur deshalb unterdrückt, weil er kein guter Bürokrat ist.

Freilich könnte man das Startrisiko abfedern, wenn man sich Investoren ins Boot holt, oder sich anderweitig finanziert. Das ändert leider nichts an dem aufgezählten Rattenschwanz und der gründerunfreundlichen Struktur. Im Zweifel ist deine Idee sehr geil, aber die politischen Rahmenbedingungen verhindern deinen Weg zum Unicorn.

Es gibt aber auch positive Beispiele, die schon auf den Weg gebracht wurden. Was zeigt, dass die Politik schon kann, wenn sie möchte. So wurde der Minimalbetrag, den man in die gesetzliche Krankenkasse einzahlen muss verringert. Zwar auch mit einigen Nachteilen, aber immerhin.

Innovationen von innovativen Menschen fördern

Es gibt sicherlich sehr viele Stellschrauben, die man drehen kann. Vor allem wenn man tiefer in die einzelnen Branchen schaut, wird man viel Verbesserungspotenzial finden. Stichwort Gastronomie-Auflagen und so weiter. Aber um Innovationen im Kleinen generell zu fördern, würde ich folgende allgemeine politischen Maßnahmen begrüßen:

Reform der “Mini GmbH”

Der große Vorteil der sogenannten Mini GmbH ist, dass man theoretisch mit nur 1 € Startkapital gründen kann. Doch die Praxis sieht anders aus.

Der Notar kostet erst einmal einige hundert Euro. Die Anmeldung im Handelsregister schlägt mit 150 Euro zu buche. Um ein Geschäftskonto, das monatlich circa 20 – 30 € kostet, kommst du ebenfalls nur schwer herum. Außerdem muss das Gründerkapital trotzdem gut durchdacht sein, wenn du nicht wegen Insolvenzverschleppung angezeigt werden möchtest.

Beträgt dein Stammkapital nämlich nur ein Euro und du kaufst dir einen Locher für zwei Euro, dann müsstest du streng genommen Insolvenz anmelden.

Zusätzlich kommen für den Jahresabschluss / Bilanz wie erwähnt, vierstellige Kosten im unteren Bereich auf dich zu.

So summieren sich deine Kosten ganz schön zusammen, bloß weil du rechtssicher eine Geschäftsidee austesten wolltest.

Um schnell mal eine Idee auszuprobieren und ohne große Kosten die Anteile aufzuteilen, fehlt also ein flexibles Rechtsinstrument.

Stellt sich die Frage, warum man die Mini GmbH nicht einfach schnell, kostengünstig online gründen kann und bis zu einer gewissen Gewinngrenze nur eine einfache Einnahmeüberschussrechnung der Steuer beiheften kann. Darüber hinaus müssten die Regeln zur Insolvenzverschleppung gelockert werden, damit wirklich nur ein Euro Stammkapital langt.

Freibetrag nach oben setzen

Der aktuelle Grundfreibetrag liegt derzeit bei 9.408 € Euro. Verdienst du unter dieser Grenze, musst du keinen Cent (Einkommens-)Steuern zahlen. Darüber schon.

Laut Statistischem Bundesamt hat man im Jahr 2017 im Schnitt 1.355 € im Monat benötigt, um seine Grundbedürfnisse in Deutschland zu stillen. Das wären im Jahr 16.260 €.

Wenn du also nur zwischen 9.408 € und 16.260 € Gewinn erzielst, musst du Abstriche bei deinen Grundbedürfnissen machen! Um auf die 16.260 € zu kommen, musst du wegen der Steuern Pi mal Daumen 26.538 € Gewinn erzielen. In den Anfangsjahren ist das eine nicht zu unterschätzende Summe.

Die Erhöhung des Freibetrags wäre also eine sehr effektive Maßnahme, um für Gründer in den ersten Jahren den Druck aus dem Kessel zu nehmen.

Über die Summe lässt sich streiten. Aber 1.000 € im Monat wären meiner Meinung nach das Mindeste.

Ich AGs für alle wiederbeleben

Ich fand und finde die sogenannten “Ich AGs” immer noch eine der wenigen guten Sachen, die die Arbeitslosenreformen unter Schröder hervorgebracht haben. Faktisch wurden sie aber 2006 abgeschafft und durch einen Gründerzuschuss ersetzt. Das führte zu einem Einbruch der Gründungen aus der Arbeitslosigkeit.

Um diesen Zuschuss zu erhalten, muss man aus der Arbeitslosigkeit kommen, sehr viel Bürokratie auf sich nehmen und nach neun Monaten schon seinen Lebensunterhalt finanzieren können. Das klappt vielleicht bei einer gut besuchten Dönerbude. Aber für innovative Geschäftskonzepte ist das zu kurz.



Zwar gibt es viele unterschiedliche Gründerprogramme, aber die sind meist zu speziell, zu kurz und haben oftmals utopische Anforderungen. Ich hätte gerne eine einheitliche Gründerinitiative. In dieser sollten Gründer mit einem guten Konzept ein bis zwei Jahre einen monatlichen Betrag, der zum Leben reicht, als Nachrangsdarlehen mit niedrigem bis gar keinem Zins vom Staat ausgezahlt bekommen. Inklusive einer Einmalzahlung für Anfangsinvestitionen.

Natürlich darf nicht jeder Hinz- und Kunz diesen Förderkredit erhalten, aber ich denke, wir haben genug Institutionen (IHK usw), die kompetent über diese Anträge entscheiden könnten.

Umsatzsteuer vereinfachen

Wenn du dich entscheidest Umsatzsteuer abzuführen und nicht die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nimmst, musst du im Gründungsjahr monatlich deine Vorsteuer abgeben.

Gibst du sie selber ab, bedeutet das nerviger Verwaltungsaufwand, bei dem man einiges falsch machen kann. Wenn du es an den Steuerberater delegierst, sind das zusätzliche monatliche Kosten.

Im nachfolgenden Jahr, kannst du sie jährlich (bei USt-Aufkommen < 1.000€) oder vierteljährlich (< 7.500 €) abgeben, wenn du gewisse Grenzen unterschreitest.

Allerdings sind diese Grenzen viel zu gering. Ich plädiere für eine jährliche Umsatzsteuerabgabe für alle, die weniger als 15.000 € Umsatzsteuer im Jahr abführen müssen. Meinetwegen mit Abschlagszahlungen, die sich an dem Vorjahr orientieren, damit der Fiskus ein nicht allzu hohes Ausfallrisiko besitzt.

Ein Kommentator hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass die Freibetragsgrenze für Kleinunternehmer zu gering sind. Darüber habe ich mir aber selbst noch keine großen Gedanken gemacht, da für mich immer klar war, dass ich Umsatzsteuer abführe. Vor allem auch um eigene Anschaffungen geltend machen zu können. Allerdings wollte ich das nicht unerwähnt lassen, weil mir Usermeinungen sehr wichtig sind.

Weitere Maßnahmen?

Das wären nun die Vorschläge aus meiner Sicht. Siehst du noch weitere finanzielle, bürokratische und strukturelle Gründe, welche die eigene Selbständigkeit erschweren?


Robert von Plötzlich-Selbständig.de Schwarz/Weiß Bild

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Quelle Beitragsbild (Innovation): jarmoluk

3 Gedanken zu „Wer Innovationen möchte, muss die Kleinen und nicht die Großen entlasten!

  1. Martina Roters

    Ich kann den Artikel leider gerade nicht wiederfinden, aber er hatte schön beschrieben, dass da noch ein weiterer, haarsträubender Moloch der Bürokratie lauert: Sein Name: Scheinselbständigkeit!
    Es lassen sich aber auch andere Beispiele im Netz finden, wie – z. B. im IT-Bereich – Selbständige urplötzlich in Arbeitnehmerverhältnisse gedrängt wurden. Andere wiederum wandern dann lieber ins Ausland ab.
    Ein deutsches Trauerspiel, was wiederum nur handwerklich schlechter Gesetzgebung zu verdanken ist.
    Eigentlich sollten Gesetze ihrem Sinn nach angewendet werden – um die Bürger zu schützen – im Moment dienen sie der Arbeitsplatzerhaltung wildgwordener, selbstherrlicher Bürokraten und lachender Advokaten. Traurig, sehr traurig.

    Antworten
    1. Robert Beitragsautor

      Naja, du bist ja schon mittendrin. Und hast du bei wechselnden Auftraggebern tatsächlich das Problem der Scheinselbständigkeit?

      Antworten
  2. Margarete

    Die Kleinunternehmerregelung ist dann zu niedrig angesetzt, wenn man eine Dienstleistung anbietet und kein Produkt. Oft hat man dann kaum Ausgaben, die Mehrwertsteuer gegen rechnen lassen können.

    Antworten

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