
Werbung | Die Gastronomie ist ein sehr spezieller Geschäftsbereich. Ich möchte mir überhaupt nicht anmaßen, dort Experte zu sein. Jedoch ist die Gastro auch so ein Extrembeispiel, weshalb ich denke, dass alle Selbständigen aus meinen Beobachtungen der Gastro lernen können.
Schon ziemlich früh wurden meinem Empfinden nach einige Gastro-Betriebe im Corona-Lockdown geschlossen. Ich habe mit einigen davon gesprochen, im Flurfunk einiges gehört und bisschen recherchiert. Viele hatten einfach keine Lust sich das anzutun und gingen zum Beispiel als eigenständig geführter Gastronomiebetrieb frühzeitig in Rente.
Aber auch einige, die sich gerade so über Wasser gehalten haben, hielten nicht lange genug durch. Manche meiner Lieblingslokale haben es traurigerweise ebenfalls nicht geschafft. Umso bitterer, dass einige wirklich nur wenige Wochen vor den Lockerungen schlapp gemacht haben.
Doch wer hat es aus meiner Sicht am besten durch die Krise geschafft und welche Hausaufgaben kann man machen, damit die Selbständigkeit in der Gastronomie (oder auch in anderen Branchen) eine höhere Erfolgschance besitzt?
Behörden-Jungle meistern
Wir haben in unserem Podcast-Projekt sehr viel über die Soforthilfen und deren teilweise grottige Ausgestaltung gesprochen. Doch diese wurde immer wieder nachgebessert und vor allem für Betriebe mit hohem Umsatz teilweise sehr lukrativ.
Wer es geschafft hat, sich diesem Behörden- und Antrags-Jungle zu stellen und auch noch in die Zielgruppe der Förderungen gepasst hat, musste sich schon sehr verkalkuliert haben, um nicht auf Sparflamme wirtschaftlich zu überleben.
Flexibel reagieren
Bei manchen Gastro-Konzepten war ich sehr angetan, wie schnell sie immer wieder auf neue behördliche Vorgaben reagierten. Sei es Anfangs der To-Go-Verkauf, später aus dem Nichts zum Lieferdienst geworden oder bei so lustigen Geschichten wie Online-Stammtische, Online-Kochkurse und geile Crowdfunding-Projekte.
Eine Konditormeisterin bei uns in der Stadt hat einen Torten-Automaten eingeweiht. Ein beliebtes Café, das aber nur einen Innenhof besitzt, hat kurzerhand das Fenster zur Straße vergrößert und eine kleine Eisdiele eröffnet. Jetzt, wo die Inzidenzen wieder nahe null sind, sprießen Außenbereich auf ehemaligen Auto-Parkplätzen wie Pilze aus dem Boden.
Fast alle, die so flexibel reagiert haben und konnten, gibt es meiner Beobachtung nach auch heute noch. Dagegen gab es einige unflexible, vom Tourismus verwöhnte Platzhirsche, die sich zum Beispiel nicht herablassen konnten, einen Lieferdienst anzubieten oder es sehr schlecht gemacht haben (drei Tage telefonisch vorbestellen). Solche Betriebe sind teilweise schon weg oder sind noch heftig am Rudern.
Effizientes arbeiten
Am Samstag war ich auf einem Fußball-Event mit knapp 300 Menschen und man hat so gut wie alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte. Das Bier wurde einzeln aus Flaschen in Bechern abgefüllt, aber erst, nachdem die Bestellung erfolgt war. Die Becher sind selbstredend im Verlauf der Veranstaltung ausgegangen. Das Personal war nicht strukturiert und man hat die Kasse geführt, als wäre es der private Stammtisch.
Da möchte ich ungern eine Finanzamtsprüfung erleben, da wird es sicher zu Nachzahlungen kommen. Das ist mir schon in vielen Gastro-Betrieben aufgefallen, dass die Kasse noch oft händisch oder unvollständig geführt wird. Ich möchte niemanden unterstellen, dass das dann Schwarzeinnahmen werden, aber das Finanzamt kann das durchaus und dann ist das Geheule groß.
Die meisten scheuen sich vermutlich eher vor teuren Kassensystemen oder überhaupt der Einführung einer digitalen Kasse. Dabei gibt es schon einfache und sehr preiswerte digitale Kassensysteme wie ready2order, mit denen man mit wenigen Handgriffen die Kasse digital und rechtlich sicher hinbekommt.
Das hat auch den Vorteil, dass man Statistiken erstellen und so zum Beispiel die Rabattaktionen steuern oder den Lagerbestand verwalten kann. Durch eine Schnittstelle zur Buchhaltung, ist diese lästige Aufgabe dann auch erledigt. Eine gute Digitalisierung spart auch personelle Ressourcen, was mich zum nächsten Punkt bringt.
Personal gut behandeln
In der Gastro habe ich schon viele Geschichten gehört. Von super guter Bezahlung, bis hin zu “langt doch, wenn du das Trinkgeld behalten darfst”.
Jetzt fällt manch schlechtes Verhalten einigen Gastro-Betrieben auf die Füße, weil viele Menschen, die vorher bedient, gekocht oder abgewaschen haben, nicht mehr zurückgekehrt sind, da sie sich anderweitig Beschäftigung gesucht haben.

Da haben es Betriebe, die Vollzeitangestellte hatten und diese “nur” in Kurzarbeit geschickt haben doch besser. Viele Gastro-Betriebe haben auch versucht ihr Personal immer mal wieder einzusetzen, damit sie nicht mit zu viel Einbußen leben mussten. Ich habe auch rührende Aktionen erlebt, mit Soli-Bierverkäufen oder Crowdfunding, damit die 450-Euro Kräfte trotz Schließung noch finanziert werden können. Denn die sind leider durch alle sozialen Raster gefallen.
Wenn man also einen Gastro-Betrieb besitzt und alles Erdenkliche dafür getan hat, sein Personal zu halten, hat man jetzt den Wettbewerbsvorteil in einem leergefegten Arbeitsmarkt für Gastro-Angestellte.
Gäste gut behandeln
Ich habe jetzt zweimal von Crowdfunding-Kampagnen geschrieben. Solche Sachen funktionieren natürlich umso besser, wenn man eine große und treue Stammkundschaft besitzt. Manche Gastro-Betriebe haben in der Stadt auch schon Kult-Status.
Auch ich bin ab und an extra in die Stadt gegangen, um meine Lieblingskneipe mit einem To-Go-Kauf zu unterstützen.
Da lohnt sich natürlich auch immer ein guter Social-Media-Auftritt, ein eigener Newsletter oder sonstige Kanäle, wie man seine Fans erreichen kann. Vor allem auch, wenn es gut läuft und sich nicht erst melden, wenn der Arsch auf Grundeis läuft.
Gute Mietbedingungen
Ein guter Draht zum Vermieter oder zur Vermieterin hat sich vor allem in der Corona-Pandemie ausgezahlt. Die beiden Gastro-Betriebe, über die ich mir persönlich am meisten Sorgen gemacht habe, haben mir beide erzählt, dass ihnen teilweise die Miete erlassen wurde, bis die Fördermaßnahmen gegriffen haben.
Diversifikation
Wenn man es geschafft hat, schon so erfolgreich zu sein, dass man sein Geld klug anlegen konnte, dann hat man es natürlich auch in Krisen leichter.
Gestern las ich von einem Kneipenbesitzer, dem die Freisitze gestrichen worden sind. Er hat sich zwar tierisch darüber aufgeregt, meinte aber auch, er hat ja noch zwei andere Cafés / Kneipen, das überlebt er schon.
Aber solche Luxusprobleme muss man sich natürlich auch erst einmal erarbeiten und dabei wünsch ich dir viel Erfolg!
“Fast alle, die so flexibel reagiert haben und konnten, gibt es meiner Beobachtung nach auch heute noch. Dagegen gab es einige unflexible, vom Tourismus verwöhnte Platzhirsche, die sich zum Beispiel nicht herablassen konnten, einen Lieferdienst anzubieten oder es sehr schlecht gemacht haben (drei Tage telefonisch vorbestellen). Solche Betriebe sind teilweise schon weg oder sind noch heftig am Rudern.”
Das trifft es auf den Punkt. So traurig es ist: Manche Platzhirsche haben die Fähigkeiten verloren, die sie erst zu Platzhirschen gemacht haben. Und das ist nun der Lauf der Dinge, um Platz für neue Platzhirsche zu schaffen, wenn sich die alten nicht neu erfinden können.