Viele Buchläden mussten schon dran glauben, Elektrogeschäfte haben es immer schwerer und Inhaber geführte Fachgeschäfte gibt es so gut wie eh keine mehr. Alle wurden vom Onlineshopping dahingerafft. Allen voran von Amazon. Was ist nur los mit dem Einzelhandel?
Amazon hat erstaunlich lange durchgehalten. Jedes Jahr wieder keinen Gewinn verzeichnet und die Aktionäre vertröstet um nach und nach zum Monopolisten zu werden. Nun sind sie (fast) am Ziel ihrer Träume und der stationäre Handel schaut weiterhin einfach nur zu. Heute sorgte das US-Unternehmen mit einer simplen Idee für viel Aufsehen und wird wohl bald auch den Lebensmittel- bzw. Haushaltswarenhandel dominieren.
Via billigen 10cent Knopf, der für läppische 4,99€ erworben werden kann (erhält man aber als Rabatt zurück), bestellt man nun Haushaltsprodukte per Knopfdruck nach. So kann der “Ariel”-Knopf an die Waschmaschine gehängt werden und wenn man merkt, dass das Waschmittel ausgeht, wird per Druck eine Bestellung ausgelöst. Das dauert nicht einmal eine Sekunde. Eine simple Idee, die mit genug gekünsteltem Hype auch aufgehen wird. Aber eben kein Hexenwerk, das nicht jemand anderes es hätte erfinden können.
Alles zu umständlich
Doch der herkömmliche Handel hat einfach keinen Bock auf Innovationen. Ich hab kein Auto, hätte aber gerne trotzdem Glasflaschen, aber keine Lust auf Schleppen. Es gibt unzählige Getränkelieferanten in meiner Umgebung, meistens Einzelkämpfer oder Familienunternehmen. Eigentlich genau die, die ich unterstützen möchte. Nach 20 Minuten Recherche habe ich dann doch wieder alle Tabs geschlossen und mir lieber wieder ein Leitungswasser gegönnt. Wenn die Homepages nicht von 1980 waren, dann waren die Informationen einfach zu kompliziert. Der eine liefert nur an ungeraden Wochentagen aus, der nächste nur bei Vollmond usw. Wo ist mein verdammter, “ich möchte jetzt einen Kasten Spezi Knopf“?

So sehen die ersten Bestellknöpfe von Amazon aus.
Fürs Büro hätte ich gerne einmal im Monat zwei Dutzend Packungen Milch und drei Kilo Kaffee. Aber leider wohne ich nicht in den gefühlten zwei Städten in denen der REWE liefert. Bei der Einführung des Lieferdienstes Anno 1895 hieß es übrigens, dass jetzt nach und nach mehr Städte hinzukommen. Aber hey, wenigstens wirft mir der Eismann einmal im Monat seinen Katalog in den Briefkasten.
Kein Bock auf Innovationen?
Aber woran liegt es, dass der stationäre Handel einfach nicht in die Puschen kommt und ihr Ding Sturr weitermachen, bis sie verschwinden? Hat das was mit der (deutschen) Einstellung “Das haben wir schon immer so gemacht” zu tun? Fehlt es an Ideen? Oder glaubt jeder, sein Geschäft betrifft das eh nicht?
Hier mal ein paar Fragen die mich schon immer quälen, vielleicht kann sie mir ja einer von euch verraten:
Wieso könnt ihr nicht vernünftig beraten?
Das Tolle am Internet ist, dass es immer einen Nerd gibt, der das Produkt ausführlich getestet hat und sein Wissen gerne teilt. Klar kann kein Einzelhändler lauter Experten einstellen, aber ich erlebe es immer wieder, dass nicht einmal die einfachsten Fragen beantwortet werden können. Dann muss man doch zum Smartphone greifen und kauft es womöglich doch wieder bei Amazon.
Am Beispiel Media Markt: Wieso hängt nicht konsequent unter jedem Produkt ein interaktives Preisschild (Tablet) das auf das Produkt bei der Tochter Redcoon verweist? Dort könnte man sich die Bewertungen und Diskussionen zu dem Produkt ansehen. Damit die Bewertungsdatenbank gefüllt wird, erhält der Käufer, der nach dem Kauf eine Bewertung verfasst, beim nächsten Einkauf einen Rabatt.
Warum gebt ihr mir nicht das Gefühl “schön, dass du da bist”?
Vielleicht ist das selektive Wahrnehmung. Aber ich habe wirklich selten in einem Geschäft das Gefühl, willkommen zu sein. Es gibt eine handvoll uriger Buchläden, die einladend eingerichtet sind, bei denen man vielleicht noch einen Kaffee bekommt und es Rückzugsorte gibt. Es gibt generell immer weniger die Möglichkeit die Produkte vor Ort auszutesten, obwohl das doch einer der größten Vorteile des stationären Handels ist.
Das hilft aber alles nichts, wenn einem das Personal vermittelt, dass es jetzt eigentlich gar keine Zeit für noch einen Kunden mehr hat.
Warum ist Einkaufen kein Erlebnis?
Ok, die Amis sind verrückt. Aber ehrlich, die wissen, wie man seinen Müll loswird. Dort werden Einkaufszentren kurzerhand zu Erlebnisparks umfunktioniert. Da kann der Papa dann mit den Kindern Achterbahn fahren, während die Mama Schuhe kauft. Bei uns kann man sich glücklich schätzen, wenn vor den Schmuckgeschäften eine einzige Bank steht. Das höchste der Gefühle sind irgendwelche Kinderparadiese, in denen unmotivierte, weil unterbezahlte Aufpasser drinsitzen und sich die Kinder nach zehn Minuten langweilen.
Wieso muss ich mein Zeug schleppen?
Draußen hat es 30°C und ich bin eh schon genervt, weil ich Klamotten kaufen nicht gerne mach. Dann finde ich ein passendes Stück, oder gar Zwei, und darf den Rest meines Einkaufabenteuers mit der vermaledeiten Tasche rumlaufen. Wieso kann ich nicht an der Kasse meine Adresse hinterlegen und es wird mir zugeschickt? Versandkostenfrei versteht sich. Das macht natürlich nicht bei jedem Produkt Sinn. Bei Klamotten aber z.B. schon.
Warum kann ich meine Bestellung nicht am selben Tag nach 20 Uhr abholen?
Mir ist am Samstag meine Tastatur kaputtgegangen und da ich noch wichtige Programmierarbeiten zu tun hatte, benötigte ich schnell Ersatz. Da ich Abends sowieso auf einer Party in der Nähe vom Conrad eingeladen war, kam mir die zündende Idee. Der Conrad bietet seit kurzem die Möglichkeit an, seine Produkte aus dem Online-Shop zu einer Box (ähnlich der Paketbox der Deutschen Post) direkt beim Shop liefern zu lassen. Das hat den Vorteil, dass man es jederzeit abholen kann – Genial!
Doch was war? Ich hätte mir die Tastatur Montagnachmittag abholen müssen. Vorteil dahin. Also bin ich doch schon vor Ladenschluss hin. Die gewünschte Tastatur war natürlich noch vorrätig. Auch solche Boxen sind kein technisches Wundermittel. Mir zum Beispiel wäre sehr geholfen, wenn ich mir meinen Einkauf im Büro zusammenklicken und später (auch nach Ladenschluss) am Supermarkt abholen könnte.
Wieso ist das was ich brauche nie vorrätig?
Passend zum vorherigen Punkt die Frage, warum zur Hölle nie das da ist, was ich benötige? Ja, Lagerhaltung ist teuer. Aber dafür gebe ich vor Ort meistens auch mehr Geld aus, damit ich es jetzt sofort in den Händen habe. Dann hilft es mir nichts, dass ihr es nachbestellen könnt. Womöglich kann ich es dann übermorgen bei euch abholen. Ne danke, dann bestell ich es lieber jetzt per Smartphone und habe es morgen im Briefkasten.
Wieso macht ihr kein vernünftiges Marketing?
Ich habe jetzt eine Zeitlang die Aktivitäten meiner stationären Händler in den sozialen Medien verfolgt. Es gab wirklich nur eine Handvoll Läden, die eine halbwegs vernünftige Kommunikation zu Stande bekommen haben. Meistens waren das eher alternativ angehauchte Cafés.
Mir ist schon klar, dass man als Einzelhändler oder Dienstleister sich keine Top10 Marketing-Agentur leisten kann. Aber sobald man ein halbwegs vernünftiges Geschäft hat, das auf Laufkundschaft angewiesen ist, gibt es doch nichts einfacheres als dafür einen Facebook/Instagram/Twitter-Account zu pflegen. Täglich ein Bild, in dem die Ware photografiert wird, Inhaber winken, das Wetter vor der Tür thematisiert wird usw usf. gehen immer und machen so gut wie keinen Aufwand.
Man könnte sich auch mit den Händlern der Umgebung zusammenschließen und einen gemeinsamen sozialen Kanal pflegen. Gespickt mit gemeinsamen Aktionen könnte das den Umsatz deutlich erhöhen. Oder zumindest stabil halten. Was angesichts des wachsenden Online-Handels auch schon ein Erfolg wäre.
Ein bisschen bin ich über die Marketingpotentiale von Leuten, die Produkte verkaufen schon neidisch. Ich könnte lediglich einmal am Tag posten, wie ich vorm PC sitze und im Internet surfe 🙂
Das waren nur die Basics
All das was ich geschrieben habe sind für mich eigentlich Grundvoraussetzungen, die der stationäre Handel bieten sollte. Wenn man sich noch ein bisschen länger hinsetzt und seine Kunden beobachtet, dann könnte man sicherlich noch viel viel mehr kreative Ideen umsetzen. Allen voran die Vernetzung mit Online-Inhalten, auf Neudeutsch auch Multichannel genannt, findet doch immer noch nicht statt.
Vielleicht sehe ich das alles auch nur zu subjektiv und andere Leute empfinden das gar nicht so. Deshalb würde ich mich über eure Meinungen freuen.
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Auch wenn ich als Frau keine Angst vor Shoppingtüten habe, gebe ich dir in vielen Punkten recht.
Vor allem die Ladenöffnungszeiten sind ein Witz, der Servidegedanke ist in vielen Geschäften – leider mittlerweile auch in hochklassigen – eine Rarität. Bei uns in Stuttgart gibt es in der Weihnachtszeit so einen Shopping-Bus, in dem man seine Tüten (wie bei einer Garderobe) abgeben und z.B. nach einem Weihnachtsmarkt-Besuch wieder abholen kann, aber das ist eben nur ein temporäres Angebot…
Der Shopping-Bus ist gar keine so schlechte Idee. Obwohl man da natürlich über den Tag verteilt ganz schön viele Tüten ansammeln könnte und am Abend nicht mehr alles unterbekommt 😀 Ok, mir könnte es nicht passieren. Aber shoppingbegeisterte Menschen bestimmt.