Purer Aktionismus wird uns nicht durch die Krise bringen

Von | 28. Oktober 2020

Die Corona-Fallzahlen steigen gerade ziemlich stark. So stark, dass die Bevölkerung und die Politik beunruhigt sind.

Wenn man die Zahl der Intensivfälle hochrechnet, darf man auch in weißer Voraussicht darauf hinweisen, dass die Kapazität des Gesundheitswesens vermutlich Anfang Dezember erschöpft ist, wenn die Zahlen weiter so ansteigen wie bisher.

Deshalb ist es aus meiner Sicht folgerichtig, dass Maßnahmen getroffen werden. Doch die Frage, welche Maßnahmen man trifft, sollte sich auch nach objektiven Kriterien richten. Die bisherigen Begründungen der Regierung reichen mir persönlich nicht aus.

Wer auf die Wissenschaft hört, muss das in beide Richtungen tun. Bisher gibt es keine Evidenz, dass die Gastronomie- und Kulturbranche mit ihren Hygienekonzepten (mit Ausnahmen von Großveranstaltungen wie Hochzeiten) für die steigenden Zahlen verantwortlich sind.

Deshalb ist es unverantwortlich, die Branchen an die Wand zu fahren, ohne verlässliches Zahlenmaterial zu besitzen. In meiner Heimatstadt Regensburg steht die Ampel auch auf Rot, Nachfragen ans örtliche Gesundheitsamt haben aber ergeben, dass keine Ansteckung durch die Gastro bekannt ist.

Auch, dass Theater und Kinos schließen sollen ist blanker Hohn. Bisher gab es hier noch kein Superspreader-Event, obwohl es passieren müsste, wären Theater und Kinos ein Problem. Eine Kurzuntersuchung der TU Berlin besagt darüber hinaus, dass die Ansteckungsgefahr im Kino geringer als im Büro ist. Der Grund ist einleuchtend: Man trägt eine Maske und man redet nicht. Die Aerosolbelastung ist also gering. Das kann man sicherlich auch fürs Theater übertragen.

Natürlich sind das keine endgültigen Weisheiten. Aber in der Wissenschaft passt man sich aktuellsten Ergebnissen an. Sollten Theater unwahrscheinlicherweise zum Superspreader-Event werden, muss man eben darauf reagieren. Vorauseilender Aktionismus ist aber ein Schlag ins Gesicht für ganze Branchen, die sich in der Mehrzahl Mühe geben, kein Infektionstreiber zu sein. Theater und Kinos stehen hier nur exemplarisch für viele, die jetzt der Aktionismus trifft.

Purer Aktionismus: Beim aktuellen Lockdown nimmt man Branchen in Sippenhaft, die ziemlich sicher nicht wesentlich zum Infektionsgeschehen beitragen!
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Man hätte schon längst große private Feiern verbieten müssen. Es gab schon länger Hinweise darauf, dass neben Urlaubsrückkehrern eben genau diese Feiern mit mehreren Teilnehmern das Problem sind. Doch daran hat man bis zuletzt festgehalten, um jetzt alle anderen in Sippenhaft zu nehmen.

Ähnlich wie es zu Beginn der Krise war. Hätte man einfach den Flugverkehr eingestellt und die handvoll bekannten Fälle isoliert, wären wir vermutlich ziemlich sicher relativ entspannt durch die Krise gekommen. Aber es hat sich keiner getraut, sich mit der Luftfahrtindustrie anzulegen. Jetzt zerbricht die Lufthansa trotzdem und der Virus verbreitet sich fröhlich.

Genauso wie man sich im Sommer nicht mit der Reisebranche anlegen wollte, will man sich jetzt offensichtlich nicht mit der Kirche anlegen. Durchseuchen wir uns an Allerheiligen noch schnell, bevor wir dann einen Monat in den Lockdown gehen? Oder warum wird das Datum so gewählt?

In Sippenhaft werden dann (Solo-)Selbständige genommen, die sich aufgrund fehlender Lobbys nicht wehren können. Obwohl sie wie oben erwähnt höchstwahrscheinlich nicht die Infektionstreiber sind.

Und was seit Beginn der Krise exemplarisch für den Umgang mit den Selbständigen ist: Man hat vonseiten der Politik immer kommuniziert, dass die “Bazooka” ausgepackt wird, um die Selbständigen finanziell zu unterstützen. Aber jeder Selbständige wird euch bestätigen können, dass die Soforthilfen größtenteils für die Katz waren. Die meisten Selbständigen sind nicht antragsberechtigt und viele, die es trotzdem erhalten haben, müssen die Soforthilfe zurückzahlen.

In Zahlen ausgedrückt: Von den angekündigten 24 MRD Soforthilfen des Bunds für Solo-Selbständige, wurden nur 240 Millionen abgerufen. Die fette Kohle ging leider nur an Lufthansa und Co.

Die Sinnhaftigkeit der Maßnahmen werden durch unsaubere Begründungen der Politik immer mehr infrage gestellt, am Ende darf sich keiner wundern, wenn die Leute noch politikverdrossener werden, als sie eh schon sind.

Warum begrenzt man jetzt nicht erst mal die privaten Kontakte in geschlossenen Räumen (also ohne Hygienekonzepte), erzwingt Home-Office, wo möglich und begleitet die Maßnahmen mal wissenschaftlich, um zu sehen, wer wirklich der Infektionstreiber ist? Und wenn ein Lockdown tatsächlich als allerletzte Option nötig ist, wieso nicht kurz und knackig? 7 Tage, alle Branchen, alle bleiben zu Hause, außer die “Systemrelevanten”? Das wäre wirklich Hammer & the Dance. Das jetzt ist einfach der schleichende Tod.

Am Ende möchte ich mich noch an alle wenden, die die Corona-Warn-App noch nicht installiert haben: Installiert diese App! Und meldet eure Infektion, wenn ihr positiv getestet wurdet! Sie ist datenschutzrechtlich sehr gut umgesetzt, frisst wenig Akku und wäre ein sehr wirksamer Helfer, Infektionsketten zu unterbrechen. Die Installation der App ist ein viel geringerer Eingriff in dein Leben, als der ganze Scheiß, der sonst noch folgt, wenn die Zahlen weiter steigen.

2 Gedanken zu „Purer Aktionismus wird uns nicht durch die Krise bringen

  1. Svenja

    Sehr gut auf den Punkt gebracht! Ich kann mich deinen Ausführungen nur anschließen!

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